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Zeitzeuge Ernst Grube besuchte erneut die Reiffenstuel-Realschule

Im Februar 2022 kam bereits zum wiederholten Mal Ernst Grube nach Traunstein: Der 1932 geborene Münchner erzählte den Schülerinnen und Schülern unserer 10. Klassen von seiner Kindheit in der Zeit des Nationalsozialismus und dem Neuanfang nach dem Zweiten Weltkrieg.

Als Kind einer jüdischen Mutter und eines Vaters, der sich aktiv zur kommunistischen Partei bekannte, musste Ernst Grube in der NS-Diktatur in vielfacher Hinsicht rassistisch motivierte gesellschaftliche Ausgrenzung, Gewalt und Verfolgung erleben – er erfuhr aber auch die Tatenlosigkeit der Mitmenschen: Nachbarjungen spuckten ihn an und bewarfen ihn mit Steinen, andere Nachbarn schauten weg, weil sie zu viele eigene Probleme hatten. Ab September 1941 musste er einen gelben Stern als Kennzeichnung tragen, was Ausgrenzung und Stigmatisierung verstärkte.

Er und seine beiden Geschwister verbrachten, nachdem der Familie im Zuge der sogenannten „Arisierung“ die gemeinsame Wohnung weggenommen wurde, mehrere Jahre in einem Kinderheim, das die jüdische Gemeinde München betrieb. Nach der erzwungenen Schließung dieser sozialen Einrichtung wurden die Geschwister in ein Lager für jüdische Menschen aus München und Oberbayern in Milbertshofen gebracht, wo sie bis zu dessen Schließung lebten. Ihre Eltern sahen sie in dieser Zeit zwischen 1938 und 1942 nur selten.

Nachdem das Lager in Milbertshofen aufgelöst worden war – ein Großteil der Menschen war deportiert und ermordet worden – kamen die drei Kinder für kurze Zeit zurück zu den Eltern, die in prekären Verhältnissen zur Untermiete wohnten. Als Ernst 12 Jahre alt war, wurde er zusammen mit den Geschwistern Ruth und Werner sowie der Mutter noch kurz vor Kriegsende in das Ghetto Theresienstadt im heutigen Tschechien deportiert, wo sie kurz darauf von der Roten Armee befreit wurden, sodass sie nach Kriegsende in ihre Heimatstadt München zurückkehren konnten.

Diesen Teil der Lebensgeschichte Ernst Grubes vermittelte den aufmerksamen und interessierten Jugendlichen zunächst ein kurzer Film; anschließend kam der Zeitzeuge dann schnell ins Gespräch mit den Schülerinnen und Schülern, die ihm zahlreiche Fragen stellten, welche er ausführlich und reflektiert beantwortete. Ein Teil der Fragen bezog sich dabei auf seine Erinnerungen an die Kindheit und Jugend, ein anderer Teil schlug dann aber auch den Bogen in die Gegenwart. Besonders betonte er, dass ihm Kindheit und Jugend von den Nazis gestohlen worden waren, weshalb er den anwesenden jungen Menschen den Wert der Bildung verdeutlichte: Er wurde als Kind aus dem staatlichen Schulsystem herausgedrängt, konnte schließlich sogar mehrere Jahre gar keine Schule besuchen und empfand es nach dem Kriegsende als das Wertvollste, endlich wieder regelmäßig und strukturiert lernen zu dürfen.

Klare Worte der Kritik kamen von dem 89-Jährigen bezüglich der Entwicklung, dass rechtspopulistische und rechtsextremistische Einstellungen in Deutschland in den letzten Jahren vermehrt Zuspruch bekamen. Insbesondere verdeutlichte er seine ablehnende Haltung gegenüber der abermals missbräuchlichen Verwendung des sogenannten „Judensterns“, den Grube ja selbst als Kind tragen musste, in der Diskussion um Maßnahmen zur Bekämpfung der Corona-Pandemie. Bei aller Problematisierung fand Ernst Grube in seiner bescheidenen Art jedoch immer wieder Antworten, die seinen jugendlichen Zuhörerinnen und Zuhörern auch Mut machten, die Herausforderungen der Gegenwart zuversichtlich anzunehmen. Über allem stehe, wie der Zweite Konrektor Reinhard Trummer abschließend und ausblickend feststellte, dass unsere Demokratie ein schützenswertes Gut sei, für das wir uns alle aktiv einsetzen müssen.

Zeitzeuge Ernst Grube im Gespräch mit den Realschülerinnen und -schülern

Zeitzeuge Ernst Grube im Gespräch mit den Realschülerinnen und -schülern.

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